Emma und ihr Tagebuch
Es war ein verregneter Nachmittag, als Emma in ihrem Zimmer saß und die Tropfen, die gegen das Fenster prasselten, beobachtete. Vor ihr lag ihr Tagebuch, das sie vor einigen Wochen von ihrer Großmutter zum Geburtstag bekommen hatte. Es war ein wunderschönes Buch mit einem ledernen Einband und einem kleinen Schloss an der Seite.
Emma öffnete das Tagebuch und blätterte durch die leeren Seiten. Sie hatte sich vorgenommen, jeden Tag ihre Gedanken und Erlebnisse niederzuschreiben, doch bisher hatte sie es immer wieder aufgeschoben. Heute jedoch war es irgendwie anders. Heute fühlte sie das dringende Bedürfnis, ihre Gefühle zu Papier zu bringen.
Sie nahm ihren Lieblingsstift zur Hand und begann zu schreiben:
19. Juli
“Heute war ein seltsamer Tag. Eigentlich sollte ich glücklich sein, weil Ferien sind und ich endlich mal ausschlafen kann. Aber irgendwie fühle ich mich nicht so. Vielleicht liegt es daran, dass es schon den ganzen Tag regnet und ich nicht rausgehen konnte. Oder vielleicht, weil Mama und Papa sich wieder gestritten haben. Ich weiß nicht, warum sie sich in letzter Zeit so oft streiten. Es macht mich traurig und manchmal habe ich das Gefühl, dass es meine Schuld ist.”
Emma hielt inne und spürte, wie Tränen in ihre Augen stiegen. Sie wischte sie schnell weg und setzte ihren Stift erneut auf das Papier.
“Ich wünschte, ich könnte mit jemandem darüber reden. Aber irgendwie traue ich mich nicht, es jemandem zu erzählen. Nicht mal meiner besten Freundin Lena. Was, wenn sie denkt, dass meine Familie komisch ist? Oder dass ich übertreibe? Vielleicht hilft es ja, wenn ich alles hier in dieses Tagebuch schreibe. Dann habe ich es wenigstens mal ausgesprochen, naja, aufgeschrieben.”
Emma seufzte und schloss ihr Tagebuch. Es fühlte sich gut an, ihre Gedanken niederzuschreiben, auch wenn es sie immer noch traurig stimmte. Aber vielleicht, dachte sie, wird es besser, wenn sie weiterhin jeden Tag ihre Gefühle und Erlebnisse aufschreibt. Und wer weiß, vielleicht findet sie eines Tages den Mut, mit jemandem darüber zu reden. Bis dahin war ihr Tagebuch ein sicherer Ort, mit dem sie all ihre intimsten Gedanken und Ängste teilen konnte.
Mit diesem Gedanken legte sie das Tagebuch zur Seite und schaute wieder aus dem Fenster. Der Regen hatte nachgelassen, und ein schwacher Sonnenstrahl brach durch die Wolken. Emma lächelte und fühlte sich plötzlich ein kleines bisschen besser.
Ein Tagebuch ist wie ein guter Zuhörer. Denn der Mensch braucht keine klugen Ratschläge, sondern oft nur ein offenes Ohr!